Munitionskunde

Munitionskunde

Je nachdem welche Quellen man zugrunde legt gibt es verschiedene Definitionen zum Begriff „Munition“. Diesem Artikel liegt die im deutschen Waffengesetz verwendete Definition zugrunde. Dort heißt es in Anlage 1 Unterabschnitt 3, dass Munition zum Verschießen aus Schusswaffen bestimmt ist und zwischen folgenden vier Arten von Munition unterschieden wird: Patronenmunition, Kartuschenmunition (Platzpatronen), pyrotechnische Munition (Signalmunition) und hülsenlose Munition (weitestgehend noch in der Entwicklung). Unser Hauptaugenmerk wird sich auf die beim sportlichen Schießen fast ausschließlich verwendete Patronenmunition richten.
 


Patronenmunition
Patronenmunition besteht aus hauptsächlich vier Bestandteilen: Einem Zünder, einer Treibladung, einem, oder bei Schrot mehreren, Geschossen und letztendlich der Patronenhülse. Um eine Patrone in einer Schusswaffe verschießen zu können, muss diese für die Waffe konstruiert und zugelassen sein, denn es gibt eine große Anzahl der verschiedenen Bestandteile von Patronenmunition, welche sich in Form und Eigenschaft unterscheiden. Ob eine vorliegende Patrone nun zur vorliegenden Waffe passt, lässt sich anhand der Kennzeichnungen auf der Waffe und der Patrone bzw. dessen kleinster Verpackungseinheit ermitteln. Ausschlaggebend ist dabei das angegebene Kaliber.

Aufbau eines Flintenlaufgeschosses Kaliber 12/70

Querschnitt einer Patrone .303 Brit

Aufbau einer Schrotpatrone Kaliber 12/70

Das Kaliber
Beim Kaliber handelt es sich um einen Durchmesser, entweder des Geschosses, dann spricht man vom Geschosskaliber oder vom Inneren des Laufes, wobei bei gezogenen Läufen zwischen dem Feld- und dem Zugkaliber unterschieden wird. Das Zugkaliber hat einen größeren Durchmesser (größeres Kaliber) als der Felddurchmesser (das Feldkaliber). Die Felder ragen somit ein wenig weiter in das Laufinnerer als die Züge. Das Geschosskaliber liegt, je nach Hersteller und Fertigungstoleranz, zwischen dem Zug- und Feldkaliber. Dies hat folgenden Grund: Die spiralförmig zur Mündung verlaufenden Felder sollen das Geschoss in eine Rotation um seine eigene Längsachse versetzen. Wenn nun das Geschosskaliber kleiner wäre als das Feldkaliber, dann würde das Geschoss einfach durch den Lauf fliegen, ohne durch die Felder in die besagte Rotation versetzt zu werden. Wäre das Geschosskaliber größer als das Zugkaliber, so würde das Geschoss nicht durch den Lauf passen.
Munition mit Geschossen bis zu einem Durchmesser von 5,6mm fallen in Deutschland unter den Sammelbegriff Kleinkaliber, alle Munitionsarten bei denen das Geschoss größer ist gelten somit als Großkaliber.
 

Kaliberbezeichnungen
In Deutschland ist es Vorschrift, dass gewerbsmäßig hergestellte Munition mit einem Herstellerzeichen und der entsprechenden Kaliberbezeichnung auf der Patronenhülse gekennzeichnet ist. Das Herstellerzeichen kann wortwörtlich ein Zeichen sein, aber auch eine Abkürzung des Herstellernamens z.B. „RWS“, was für „Rheinisch-Westfälischen Sprengstofffabriken“ steht oder „PPU“ als Abkürzung für die Firma „Prvi Partizan“.

Acht Kleinkaliber-Patronen mit unterschiedlichen Herstellerzeichen, diese benötigen als Ausnahme keine weiteren Kennzeichnungen

Patronen im Kaliber 7x65 R mit dem Herstellerkürzel "RWS"

Patrone im Kaliber .303 Brit des Herstellers "PPU"

Die Kaliberbezeichnung variiert je nach dem, in welchen geografischen Breiten das jeweilige Kaliber entwickelt wurde. Im angelsächsischen Raum wird es in hundertstel und Tausendstel Zoll angegeben, egal ob Langwaffen- oder Kurzwaffenkaliber. Weit Verbreitete Patronen aus diesem Raum sind z.B. .38Spez; .357 Mag; .223Rem und .308.

Das Kaliber .223 entspricht der deutschen Bezeichnung 5,56 × 45 mm

Diese Patrone wurde für das Militär hergestellt, dessen Kennzeichnungen vom zivilen Markt abweichen und daher entfernt wurden

Um die Patrone auf dem Zivilen Markt anbieten zu können, musste die Kaliberangabe und das Herstellerzeichen nachträglich angebracht werden

Die Gebrauchsbezeichnung für im europäischen Raum entwickelte Kaliber ist hingegen das Nennkaliber in Millimeter angegeben, welches ebenfalls meist stark gerundet ist. Zusätzlich zum Geschossdurchmesser wird, im Gegensatz zum angelsächsischen Raum, noch die Hülsenlänge mit angegeben. Typische Kaliber sind z.B. 9x19mm und 7,62x51 (.308).
Durch die Abrundungen sowohl im europäischen, als auch im angelsächsischen Raum, kann es im gleichen Nennkaliber durchaus auch unterschiedliche Patronen geben. Daher ist unbedingt auf Zusätze zu achten die beispielsweise auf den Entwickler zurückzuführen sind, wie 9mm Luger (entwickelt von Georg Luger). Ebenfalls möglich ist ein Verweis auf da Konstruktionsjahr z.B. .30-06 (entwickelt 1906).

Veranschaulichung des zustande kommens der Kaliberbezeichnung 9x19mm Luger

Die Linke Patrone ist mit "30-06" gekennzeichnet, die rechte mit "30-06 SPRG", trotzdem handelt es sich um ein und dasselbe Kaliber, denn "SPRG" steht nur für Springfield (das Gewehr für das dieses Kaliber ursprünglich entwickelt wurde -->Springfield M1903 )

Der weitere Zusatz Magnum bedeutet einen erhöhten Gebrauchsgasdruck des Kalibers, im Vergleich zu ähnlichen Kalibern. Das bekannteste Beispiel dafür wäre das Kaliber .357 Magnum im Vergleich zum Kaliber .38 Spezial. Obwohl beide Patronen fast die identischen Maße haben (9x29mm bei der .38Spez und 9x33mm bei der .357Mag), ist die Ladung des Kalibers .357 Magnum deutlich stärker, weshalb dieses nur aus den dafür konstruierten Waffen verschossen werden darf. Das schwächere Kaliber .38 Spezial hingegen darf auch aus Waffen verschossen werden, die für das stärkere Kaliber .357 Magnum zugelassen sind.
Um jedoch Gegenteiliges zu verhindern, was zu einer Waffensprengung führen könnte, ist die Hülse des Kaliber .357 Magnum etwas länger als die der .38 Spezial, damit diese nicht vollständig in die Trommel eines .38er Revolver passt und unwissentlich verschossen wird. Eine Definition, wann eine Patrone den Zusatz „Magnum“ führen darf, existiert übrigens nicht.

Zwei Patronen verschiedener Kaliber, welche den Zusatz Magnum führen

Kaliber .357 Magnum (links) im Vergleich zur im Durchmesser fast identischen Kaliber .38 Spezial Patrone

Flintenkaliber bilden eine Ausnahme und werden auf eine andere Weise ermittelt. Dessen Kennzeichnung besteht im Wesentlichen aus zwei Zahlenangaben, welche am Beispiel einer Schrotpatrone des Kalibers 12/70 erläutert werden.
Die erste Zahl, also die „12“ ist historisch bedingt und steht für die Anzahl gleich großer Rundkugeln, welche aus einem englischen Pfund Blei (453,6 g) gegossen werden können und zum Laufdurchmesser passen. Somit ist das Kaliber 12 z.B. größer als das Kaliber 16.
Die zweite Zahl, in diesem Falle die „70“, steht für die Hülsenlänge der Schrotpatrone in Millimeter, nachdem diese verschossen wurde. Vor dem Verschießen ist die Hülse, zumindest bei einem Sternverschluss, nämlich noch kürzer aufgrund des umgefalzten Materials, dass die Hülse nach vorne hin verschließt und sich somit erst beim Schuss öffnet. Aus diesem Grund ist Vorsicht geboten, denn dadurch passt eine Patrone des Kalibers 12/70 auch in eine Flinte die für kürzere Patronen gebaut ist, doch beim Verschießen kann sich der Sternverschluss nicht öffnen und die Waffe kann Schaden nehmen.
Zudem befindet sich auf der Ummantelung einer Schrotpatrone der Herstellername und meistens weitere Angaben, wie der Durchmesser der Geschosse, deren Menge in Gramm und Informationen zur Pulverladung.

Hülsen
Vereinfacht gesagt fungiert die Hülse sozusagen als Verpackung der anderen Bestandteile einer Patrone. Die Hülsen von Kurz- und Langwaffenpatronen mit einem Geschoss für gezogene Läufe bestehen ausschließlich aus einem Material. Am weitesten verbreitet sind Messinghülsen, es gibt jedoch auch welche aus Aluminium und Stahl.
Bei Flintenpatronen besteht die Hülse im Allgemeinen aus zwei verschiedenen Materialien. Der untere Teil ist in der Regel aus Stahlblech (vermessingt), wohingegen die Wandung aus sehr fester Pappe oder Kunststoff besteht.

Hülsen aus verschiedenen Materialien, von links nach rechts: Kupfer, Messing, Stahl und Messing vernickelt

Eine verschossene Schrotpatrone Kaliber 12/70, im vorderen Bereich ist der geöffnete Sternverschluss zu erkennen

Sowohl die für Revolver entwickelten als auch die meisten historischen Patronenhülsen besitzen einen überstehenden Rand am Hülsenboden. Dieser sorgt dafür, dass die Patrone nicht weiter in das Patronenlager hineinrutschen, ansonsten würden die Patronen beim Laden in die Trommel eines Revolvers einfach durch diese durchfallen. Zudem wird der Rand benötigt, damit die Ausziehkralle der jeweiligen Waffe die Patrone aus dem Patronenlager ziehen kann. Die in Deutschland entwickelten Patronen mit Rand sind meistens mit einem „R“ auf dem Hülsenboden gekennzeichnet, auf in anderen Ländern entwickelten Hülsen mit Rand fehlt diese Kennzeichnung jedoch.

Eine in Deutschland entwickelte Patrone des Kalibers 7x65 R, wobei das "R" für "Rand" steht

Hier ist der überstehende Rand der Patrone des Kalibers 7x65 R deutlich zu sehen

Eine in Großbritanien entwickelte Patrone des Kalibers .303 Brit, "Brit" steht für "Britisch"

Auch die Patrone .303 Brit hat einen Rand, wobei das "R" in der englischen Kennzeichnung nicht vorkommt (die deutsche Bezeichnung wäre 7,7 × 56 mm R)

Die moderneren Patronen haben, abgesehen von denen für Revolver und Kipplaufwaffen, üblicherweise keinen Rand mehr. Dort greift die Ausziehkralle in eine Rille knapp über dem Patronenboden, um die Hülse aus dem Patronenlager zu ziehen.


 
Pulver
Das Pulver liefert, nachdem es gezündet wurde, die nötige Energie, um das Geschoss/die Geschosse durch den Lauf zu treiben. Es gibt 2 Arten von Schießpulver, und zwar das sogenannte Schwarzpulver, das heute fast nur noch für Leucht- und Signalpatronen (also pyrotechnische Munition im Allgemeinen), sowie für Vorderladewaffen verwendet wird, und das Nitrozellulose-Pulver, auch als rauchschwaches Pulver bekannt. Dieses wird heute in allen modernen Patronen geladen.
 


Zündarten
Um das Pulver im inneren einer Patrone zu entzünden gibt es zwei verschiedene Zündarten. Zum einen die Zentralfeuerzündung, bei der sich in der Mitte des Patronenbodens ein Zündhütchen mit Zündsatz befindet. Der Schlagbolzen der Schusswaffe trifft also zentral auf den Patronenboden, woher auch der Name „Zentralfeuerzündung“ kommt. Diese Zündart wird bei großkalibriger Patronenmunition eingesetzt.
Zum anderen gibt es die Randfeuerzündung, bei der der Rand des Patronenbodens mit einer Zündmasse gefüllt ist. Um diese zu entzünden muss der Schlagbolzen der Schusswaffe den Rand des Patronenbodens treffen, was ebenfalls namensgebend für diese Zündart ist, welche bei kleinkalibriger Patronenmunition Verwendung findet.

Zwei 9mm Luger Patronen, die rechte ist bereits gezündet worden, was man an der Delle im Zündhütchen sehen kann

Es gibt zwei verschiedene Zündhütchen-Arten, hier sind die heutzutage weit verbreiteten Boxerzündhütchen zu sehen, welche es in zwei verschiedenen Größen gibt

Zwei 5,6mm Kleinkaliber Patronen, die Rechte wurde wieder gezündet, was diesmal an der Einkerbung am Rand ersichtlich ist (daher auch der Name Randfeuerpatrone)

Geschosse
Das Geschoss, äquivalent auch Projektil genannt, wird teilweise vom vorderen Bereich der Patronenhülse eingefasst, während der übrige Teil aus der Hülse raus ragt. Es ist der Bestandteil der Patronenmunition, welcher wirklich verschossen wird und somit einen maßgeblichen Einfluss auf die Präzision und die Wirkung des Schusses hat. Was die Form und Materialien anbelangt, woraus ein Geschoss besteht, so gibt es heutzutage eine Vielzahl an Variationen, die im Folgenden teilweise vorgestellt werden:

Reine Bleigeschosse werden überwiegend in Kleinkaliberpatronen sowie für Revolverpatronen verwendet. Bei Teilmantelgeschossen besteht der Geschosskern aus einem Material (meist Blei), welcher von einem Mantel (meist Kupfer, Tombak oder Flusseisen), bis auf den vorderen Geschossteil, umgeben ist. Vollmantelgeschosse haben den einzigen Unterschied, dass diese komplett ummantelt sind.

Links ein Massivgeschoss aus vernickeltem Messing und rechts ein Spitzgeschoss aus Blei

Drei Teilmantelgeschosse aus verkupfertem Blei, ganz links mit Hohlspitzgeschoss, in der Mitte ein Flachkopfgeschoss und rechts ein Rundkopfgeschoss (wobei die Rundung bereits beschädigt ist)

Zwei Vollmantelgeschosse, wiederum aus Blei mit Kupferummantelung, links mit Rundkopfgeschoss und rechts mit Spitzgeschoss

Zwei bereits verschossene Vollmantelgeschosse, das linke noch intakt, beim rechten ist nach dem Auftreffen auf ein Stahlziel nur noch die deformierte Ummantelung vorhanden